Verträumte Buchten, urige Bergdörfer und eine hervorragende Küche – der Cilento in Süditalien ist Natur und Genuss pur! Bei einer Reise ins Fischerdorf Marina di Camerota entdeckten wir die malerische Küste und kosteten Bio-Spezialitäten direkt beim Erzeuger. Schnell war es um uns geschehen: Wir verliebten uns in dieses ursprüngliche Stück Italien abseits des Massentourismus.

Idyllischer Hafen von Marina di Camerota
Im Frühling machten Giovanni und ich eine Reise in den Nationalpark Cilento, von der wir wunderbare Eindrücke mitnehmen konnten. Unser Ziel war der Fischerort Marina di Camerota, etwa 180 km südlich von Neapel (Flughafen Napoli-Capodichino).
Von seinen Einwohnern wird Marina di Camerota voller Stolz „Un paradiso al mare“ genannt. Und wir finden ganz zu Recht! Malerisch schmiegt sich die gut erhaltene Altstadt an die Küste, außerhalb der Saison gehört der Ort fast nur seinen Einwohnern und wirkt geradezu verträumt.

Abendstimmung in Marina di Camerota
Beim Schlendern über die Piazza S. Domenico fühlte ich mich ein bisschen ins Italien vergangener Jahrzehnte zurückversetzt, als es noch keinen internationalen Massentourismus gab. Und tatsächlich kommt noch heute die überwiegende Mehrheit der Urlaubsgäste aus Italien, gefolgt von Gästen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz.
Doch die Zeit ist glücklicherweise auch im Cilento nicht stehen geblieben: Junge Leute engagieren sich für den Erhalt des Nationalparks Cilento und arbeiten ehrenamtlich in WWF-Naturoasen. Es entstehen viele Unternehmen zur Vermarktung lokaler Bio-Produkte und junge Köche interpretieren die traditionelle Küche neu. So wird beispielsweise in der Taverna del Mozzo (Lungomare Trieste, 84059 Marina di Camerota, Facebook ) Bio-Streetfood serviert und auch ein jüngeres Publikum angesprochen. Während noch vor zwanzig Jahren Innovation oft als Angriff auf Tradition gesehen wurde, ist man heute aufgeschlossener.

Klein, aber fein und kreativ: Fischerlokal Taverna del Mozzo am Hafen
In Marina di Camerota machten wir eine Food-Tour durch hervorragende Restaurants. Ob antike cilentanische Speisen oder traditionelle Slow-Food-Fischerküche: Es gibt Lokale für jeden Geschmack. Der Cilento gilt übrigens als die Wiege der Dieta Mediterranea, der gesunden Mittelmeer-Küche. Tatsächlich gibt es nirgends in Italien so viele Hundertjährige wie im Cilento. Das liegt Studien zufolge auch an der Anti-Age-Wirkung der mediterranen Ernährung mit viel Gemüse, Obst, Olivenöl, Fisch und wenig Fleisch.
Impressionen der Cilento-Küche
Hotel in Strandnähe direkt am Meer
Zum Glück gibt es keine großen anonymen Hotels an der Cilento-Küste, keine Bausünden wie an der Adria. Wir wohnten im Hotel Calanca, wo es uns an nichts fehlte: Vom leckeren Frühstück mit regionalen Produkten, der Nähe zum Calanca-Strand und dem hübschen Meerblickzimmer – es hat alles gepasst! Das Hotel ist familiär und überschaubar.
Zum flach abfallenden Calanca-Strand spaziert man vom Hotel in wenigen Minuten. In der Hauptsaison werden dort Liegen vermietet, auch deshalb ist er bei Familien besonders beliebt.
Der breite Calanca-Strand fällt flach ins Wasser ab
Wer zum Baden nach Marina di Camerota kommt, hat bei den Stränden die Qual der Wahl. Neben dem Calanca-Strand am westlichen Ortsrand gibt es noch la Spiaggia di Lentiscelle im Osten und den langen Marina delle Barche (bekannt als Spiaggia S. Domenico) zwischen Altstadt und Hafen. Während es im Hochsommer (August) lebhaft zugeht, hat man die Strände in der Nebensaison fast für sich alleine.

Statue des Padre Pio am Weg zum Calanca-Strand
Tourismus soll die Natur möglichst wenig beeinflussen
Der Parco Nazionale del Cilento e Vallo di Diano gehört seit 1998 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Östlich von Marina di Camerota erstreckt sich die Baia degli Infreschi mit der Schutzzone Riserva Naturale Costa degli Infreschi. Der Schutz des Meeres wird sehr ernst genommen: Auf einer Boje ist eine Überwachungskamera befestigt, die unerlaubte Eindringlinge ins Schutzgebiet dingfest macht.
Die Cooperativa Cilento mare bietet Touren zur Baia degli Infreschi und nach Palinuro an. Wir machten einen Ausflug, der uns an der Küste entlang zur Baia degli Infreschi führte. Das Meereschutzgebiet umfuhren wir dabei weiträumig. Vorbei ging es an verträumten Buchten und von Legenden umrankten Grotten. Besonders schön ist die Grotta Azzurra (Blaue Grotte), die sich mit ihrem klarem türkis glitzernden Wasser nicht hinter ihrer gleichnamigen Schwester in Capri verstecken muss.

Ein kleines Stück kann man mit dem Boot in die Grotta Azzurra fahren
Einige Buchten wurden von der italienischen Umweltorganisation Legambiente ausgezeichnet: 2013 wurde die Cala Bianca zum schönsten Strand Italiens gewählt („La più bella sei tu“), 2014 erhielt die Cala degli Infreschi den begehrten Preis.
Die Cala degli Infreschi hat den Preis für den schönsten Strand Italiens 2014 erhalten
Impressionen von unserer Bootstour zur Baia degli Infreschi
Unbedingt sehen: das mittelalterliche Camerota
Zur Gemeinde gehören Marina di Camerota und das Bergdorf Camerota. Einst war es der Hauptort und Sitz des Marchese, wovon heute noch die Ruinen seiner Festung zeugen. Erst später entwickelte sich der Badeort Marina di Camerota.
In den engen Gassen mit antiken Torbögen scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. An einer kleinen Piazza treffen wir ältere Dorfbewohner, die sich plaudernd und lachend die Zeit vertreiben. Ansonsten wirkt der das Bergdorf beinahe ausgestorben.

Camerota: In Schwarz-Weiß wirkt es wie vor 50 Jahren
Viele Einwohner sind im 19. Jh. nach Venezuela ausgewandert. Straßennamen wie „Via Uruguay“ erinnern an die Hoffnungen an ein besseres Leben jenseits des Atlantik. In den letzten Jahren sind viele von ihnen wieder in ihre Heimat zurück gekehrt.
Verwinkelt und eng ist die Altstadt von Camerota
In Camerota hat das Töpferhandwerk eine lange Tradition. Wir besuchten die Werkstatt des Meisters Pompeo Cammerano und durften selbst Ton bearbeiten. In der Werkstatt werden schöne Terracotta-Vasen, Blumenkübel, handbemaltes Geschirr und Deko-Artikel hergestellt. Seine Terracotta-Gefäße werden auch als nachhaltige Verpackung für lokale Lebensmittel benutzt, z.B. für eingelegte Sardellen. Leider ist Cammerano der letzte Terracotta-Töpfer einer langen Familienlinie. (Ceramiche Terracotte Pompeo Cammerano, Via S. Vito 29, 84040 Camerota).

Pompeo zeigt Giovanni wie man Terracotta bearbeitet
Impressionen aus Camerota
Der Cilento setzt auf Nachhaltigkeit und Slow Food
Sehr stark ist im Cilento die Slow Food-Bewegung (www.slowfood.de), eine ursprünglich aus Italien stammende Organisation zum Erhalt der lokalen Produktion und Küche. Im Jahr 2000 wurde von der Slow Food Stiftung das Presidi-Projekt ins Leben gerufen. Ein Presidio („Schutzraum“) ist ein Netzwerk von engagierten Landwirten, Händlern und Verbrauchern, die sich u.a. für den Erhalt bestimmter Lebensmittel einsetzen. Die „Alici di Menaica“ (Sardellen) sind ein „Presidio Slow Food“, ebenso wie die cilentanischen Produkte Olive Salella Ammaccate, das Getreide Maracuccio aus Lentiscosa und der Käse Cacioricotta.
Fischer der „Alici di Menaica“ setzen mit speziellen Netzen (Menaica) auf nachhaltigen Fischfang
Viele Landwirte produzieren biologisch
und sind Selbstversorger. „Zero-kilometri“, also keine Transportwege, lautet die Devise.
Typische Produkte des Cilento sind Olivenöl, weiße Feigen, eingelegte Sardellen und Käse. Bei einer Präsentation lokaler Betriebe lernten wir regionale Spezialitäten kennen.

Typische Cilento-Produkte: Pasta, Maracuoccio-Getreide, Rotwein, Feigen, Konserven Sott’olio
Besuch beim Konservenhersteller Aura
Luca Cella, der Inhaber des Bio-Betriebs Aura (SS 562, km 0, 84051 Palinuro, www.aura-cilento.com) setzt sich mit Leidenschaft für den Erhalt der kulinarischen Traditionen des Cilento ein. Daher kommt auch der Name „Aura“, das war in der Mythologie die Mutter von Venere (Venus), Göttin der Liebe und Leidenschaft.
Setzt auf Nachhaltigkeit: der Konservenhersteller Luca Cella
Die Zutaten seiner hochwertigen „Sotto’olio“ (in Öl eingelegte Produkte) der Linien „Mare“ (Meer) und „Terra“ (Erde) stammen alle aus der Umgebung. Dazu gehören z.B. Sardellen, Auberginen, grüne Tomaten, wilder Spargel und Feigenkonfitüre. Luca war unser kundiger Wanderführer, am Weg hat er uns Kräuter und wild wachsenden Spargel gezeigt. Für Gäste organisiert er kulinarische Touren, bei denen die Zutaten gemeinsam gesammelt und danach verarbeitet werden. „Turismo esperienziale“ („Erlebnis-Tourismus“) nennt sich diese immer beliebter werdende Form des Reisens.
Weiße und besonders süße Feigen (Fichi bianchi)
In der idyllisch gelegenen Azienda Agricola Biologica Muriké (Sicili, Morigerati) wurden wir mit köstlichen Feigenspezialitäten empfangen: Semifreddo (Halbgefrorenes) mit Feigen, Feigenkuchen, getrocknete Feigen mit Anis, karamellisierte Feigen, Feigenkonfitüre und last but not least Feigen am Spieß. Zur Azienda gehört ein Agriturismo mit B&B – ein Tipp für Wanderer.

Weiße Feigen – eine süße Versuchung
Ausgezeichnetes Bio-Olivenöl extra vergine
Das Olivenöl extra vergine des Frantoio Marsicani in den Hügeln von Morigerati (C.Da Croceviale SNC, 84030 Morigerati, www.marsicani.com) wurde von der italienischen Gastro- und Weinzeitschrift Gambero Rosso als eines der besten Olivenöle in Italien ausgezeichnet. Der Inhaber Nicolangelo Marsicani erklärte uns bei einer Verkostung die Unterschiede. Neu für mich war, dass sich bei einem guten Olivenöl ein paar Sekunden nach dem Schlucken ein pikanter Geschmack entfaltet.

Hat schon viel erlebt: Tausend Jahre alter Olivenbaum
Ausflug zu Naturschönheiten im Nationalpark
In den Hügeln hinter der Küste gibt es beinahe unberührte Naturoasen. Tipp: Inspirationen für Wanderungen und Ausflüge findet man im Reiseführer Cilento aktiv, mit dem wir uns gut vorbereitet fühlten.
San Severino – ein Dorf in den Wolken
Auf der Fahrt ins Hinterland bemerkten wir das verlassene Bergdorf San Severino di Centola. Seine einstigen Bewohner verdankten ihr Leben im Zweiten Weltkrieg einem glücklichen Zufall: Ein in die USA emigrierter Bewohner sollte als amerikanischer Pilot eine Bombe auf seine Heimatstadt abwerfen. Das hat er aber nicht übers Herz gebracht und warf sie ins unbewohnte Tal daneben.

Blick auf das mittelalterliche Dorf San Severino
Obwohl das Dorf vom Krieg unversehrt blieb, bauten die Bewohner nach dem Zweiten Weltkrieg ein neues San Severino im Tal auf. Das Leben auf dem Felsen war einfach zu beschwerlich.
Wanderung zur WWF Naturoase Morigerati
Unsere erste Etappe war das Bergdorf Morigerati. Von dort führt ein Weg hinab zu einem sehenswerten Naturspektakel: der WWF-Oase Morigerati. Der Fluss Bussento verläuft erst unterirdisch, bevor er in der Grotta del Bussento wieder ans Tageslicht kommt. Feste Schuhe sollte man schon mitbringen, auch wenn an der Rezeption welche bereitstehen. Ehrenamtliche kümmern sich um die Naturoase und bieten Führungen an. Bevor man loswandert, muss man ein Ticket kaufen (5 Euro, Kinder bis 12 Jahre 3 Euro). Man freut sich hier besonders über Touristen, die die Schönheit des Cilento zu schätzen wissen. (Eingang Piazza Piano della Porta 17, 84030 Morigerati, www.wwf.it/oasi/campania/grotte_del_bussento)
Märchenhaftes Spektakel: Capelli di Venere
Unvergesslich bleibt der Abstecher zu einem fantastischen Wasserfall, den Capelli di Venere („Haare der Venus“). Dort hatte ich das Gefühl, mich in der Landschaft vom Herrn der Ringe zu befinden.

Mystische Atmosphäre am Wasserfall Capelli di Venere
Es ist bemerkenswert: Nur eine knappe Stunde sind das Meer und die Strandbäder entfernt, doch hier oben in den Hügeln des Nationalparks ist man in einer völlig anderen Welt (Via Nazionale, 84030 Spartano).

Das Wasser lockt zu einem erfrischenden Bad
Tipps für die Reisevorbereitung
– Inspiration: Tolle Fotos und Videos (auch mit einer Drohne) gibt es bei Cilento in Foto
– Reiseführer Cilento aktiv von Peter Amann: Wanderungen, Rad-Touren & Sightseeing
– Information: Nationalpark Cilento – offizielle Website: www.cilentoediano.it
– Anreise Marina di Camerota: www.portanapoli.de/anreise-nach-marina-di-camerota-im-cilento
Anmerkung: Die Pressereise wurde vom Reiseveranstalter „Cilentano – Natürlich Süditalien“ organisiert. Vielen Dank!