Noch bis 3. April müssen die Italiener vorerst zu Hause bleiben. Was danach kommt, kann noch keiner sagen. Wie die staatlich angeordneten Maßnahmen zur Eindämmung des Cornonavirus wirken, zeigt sich bekanntermaßen erst nach 14 Tagen. In Italien genau wie in Deutschland, in ganz Europa und der Welt. Wir sitzen alle im selben Boot, oder vielmehr zu Hause – mehr oder weniger. Der Verlauf der Cornonavirusinfektionen in Italien ist dem deutschen nur etwa zehn Tage voraus. Wer die italienischen Nachrichten in den letzten Wochen verfolgt hat, erlebt gerade ein unwirkliches Déjà-vu.
Deutschlands Maßnahmen zur Coronaviruseindämmung folgen Italien – zeitverzögert trotz Zeitvorsprung
Wir kennen die Reihenfolge der verbleibenden Maßnahmen zur Viruseindämmung. Wieso reagiert Deutschland trotzdem so zögerlich?
In Italien wurden erst die Schulen und Unis geschlossen und Veranstaltungen untersagt. Restaurants und Bars durften anfangs noch bis 18 Uhr öffnen, genau wie gestern für Deutschland beschlossen. Dann mussten sie – wenig überraschend – komplett schließen. Ebenso wie alle Geschäfte, die nicht der notwendigen Versorgung dienen. Auch Wochenmärkte oder Friseure, die in Deutschland bisher offen bleiben. Jetzt dürfen die Italiener nur noch in dringenden Fällen und zur Arbeit das Haus verlassen: zum Lebensmitteleinkauf, Arzt oder zum Gassi gehen. Viele sind im „smart office“, arbeiten also von zu Hause. „Restiamo a casa“ – „Wir bleiben zu Hause“ lautet das verantwortungsvolle Motto.
Zu Hause bleiben rettet Menschenleben
Die Italiener haben verstanden: Dass sie mit ihrer „sozialen Enthaltsamkeit“ Menschenleben retten. Dass jede vermiedene Ansteckung , viele weitere verhindert und so vielleicht ein paar Beatmungsgeräte mehr zur Verfügung stehen. Für die besonders gefährdeten Großeltern ebenso wie kranke oder immungeschwächte Menschen. Im furchtbar betroffenen Norditalien, in der Toskana und im mit Krankenhäusern nur spärlich ausgestattetem Süden. Geschweige denn mit Intensivpflegeplätzen. Bedenkt man, dass in italienischen Großstädten viele in kleinen Wohnungen leben, vermag man die Herausforderung zu erahnen. Doch die Menschen schaffen es trotzdem irgendwie zusammenzukommen, auf ihren Balkonen. Viele YouTube-Videos zeigen, wie sie dort musizieren und gemeinsam singen. Um sich Mut zu machen, sich nicht so alleine zu fühlen und dem Virus zu trotzen. Oder um für die an ihre Grenzen gehenden Ärzte und das Krankenpflegepersonal zu applaudieren. Solidarität und Miteinander, auch bei Einhaltung eines Mindestabstands.
Normalerweise enthalte mich im Blog einer persönlichen Meinung. Portanapoli ist ja eine Reise-Website. Aber echt, jetzt muss es raus:
Warum wird in Deutschland Zeit vertrödelt und nicht gleich das getan, was in Italien erst spät getan wurde?
Und zwar mit Konsequenz reagieren und das Unvermeidliche antizipieren. Wieso folgen wir in Deutschland dieser Salami-Taktik? Hat man die Pandemie hier unterschätzt? Aus Rücksichtnahme auf die Wirtschaft? Ersteres ist eigentlich absurd, weil wir den Verlaufskurve in Italien und China kennen. Und natürlich muss in dieser Krise unbekannten Ausmaßes den Unternehmen geholfen werden, zeitnah und zwar allen! Gute Maßnahmen sind für die großen Betriebe ergriffen worden, aber da muss noch mehr gehen. Vor allem auch für die vielen vor dem Nichts stehenden Solo-Unternehmer – und zwar jenseits von in die Schuldenfalle führenden Kreditvergaben. Die trifft es nämlich besonders hart – das erfahre ich gerade am eigenen Leib. Trotzdem!! Wir dürfen diesen kleinen Zeitvorsprung nicht verlieren! Es geht nicht um „Panikmache“, sondern um schnelles Reagieren. Um die Zahl der Infektionen zu verlangsamen, um unser Gesundheitssystem nicht an den Rand seiner Kapazitäten zu bringen. Um die Schwächsten unserer Gesellschaft zu schützen. Dazu müssen wir unsere sozialen Kontakte noch stärker als bisher einschränken, leider.
Deshalb mein Appell an die Politik: Lasst uns aus den Erfahrungen der Italiener lernen und nicht dieselben Fehler wiederholen! Verspielen wir nicht den verbleibenden Zeitvorsprung. Und an alle, wo es nur eben geht: Restiamo a casa, bleiben wir zu Hause!